In diesem Blog hat es eine Pause gegeben. Dies hat seinen Grund darin, dass ich für längere Zeit mit eingehenden Recherchen beschäftigt war. Ich habe mir einmal genauer angesehen, was sich derzeit so auf dem »Markt« in diesem Falle also auf dem »Psychomarkt« tummelt.
Die Plagiatssaffäre um Stefanie Stahl - so scheint mir - steht aber letztlich in einem größeren Zusammenhang, denn das Geschäft mit der »Psyche« scheint derzeit zu blühen. Abgesehen von der allgegenwärtigen »Ratgeberitis« scheinen aktuell viele selbst ernannte Expertinnen und Experten - ohne psychotherapeutische Expertise - den Diskurs zu bestimmen, angefeuert und unterstützt von bisweilen merkwürdig unkritischen Medien. Je größer der Name, desto weniger Kritik scheint noch erlaubt und das ist für eine echte und kritische Diskussion ausgesprochen bedenklich. Ebenso bedenklich und möglicherweise falsch ist, dass die »echten« Expertinnen und Experten aus dem Bereich der Psychotherapie sich seltsam unberührt zeigen, von dem was da so an unterkomplexer und trivialer »Küchenpsychologie« in Umlauf ist. Das Ganze fällt unter die Rubrik »Psychotainment«. Die Psyche als Unterhaltungsfaktor! Das mag mit Bezug auf eine überwiegend gesunde Psyche tatsächlich ganz lustig und unterhaltend sein. Aber die meisten Menschen beschäftigen sich nicht nur zur Unterhaltung mit den einschlägigen Ratgebern und Talkshows wollen ja auch gerne als »seriös« ernst genommen werden.
Zum »Psychotainment« gehören heute selbstredend nicht mehr nur Bühnenshows, sondern Talkshow-Auftritte, Pod-Casts, Lesungen, Online-Seminare, Bücher und vor allem auch Fernsehsendungen, die eher ein Betroffenheitsformat abbilden als ernsthaft wissenschaftlich aufzuklären.
Es scheint, als könnten sich die Protagonisten dieser Shows letztlich nicht entscheiden, was sie sein möchten: Wissenschaftler, »Heiler«, Entertainer, Komiker oder Popstars. Die Zuschauerinnen und Zuschauer dürfen mit Recht erwarten, wenn es denn so behauptet wird, dass das, was Ihnen da unterhaltend und humorvoll nahegebracht wird, wirklich auf wissenschaftlichen Grundlagen ruht. Oder aber sie sollten vorher darüber in Kenntnis gesetzt werden, dass die Darstellungen vielleicht gar witzig und unterhaltend sind, aber bitte inhaltlich nicht so ernstgenommen werden sollen.
Stattdessen hat man eher den Eindruck, dass mit dem Erfolg, d. h. mit dem Bekanntheitsgrad der eigene Anspruch, wissenschaftlich zu sein, zwar wächst, aber nicht eingelöst werden kann. Und mit dem Bekanntheitsgrad scheinen wiederum auch einige Medien, die »ihre« Psychotainer letztlich ja auch als Quotengaranten nutzen, ihrerseits ganz unkritisch und tendenziös zu werden, was sich darin zeigt, dass die von den Medien zu Erfolgspsychologen Auserkorenen ihre Ansichten vollkommen geschützt und unhinterfragt vertreten können und beispielsweise keine Gegenposition, durch eine echte Expertin oder einen echten Experten ihres/seines Fachgebietes daneben gestellt wird. Das ist schon mehr als erstaunlich.
Manches ist nur ärgerlich, vieles erschreckend unseriös und manches davon durchaus gefährlich.
Ich freue mich sehr, dass es offenbar auch mediales Interesse an dieser Thematik gibt!
https://cds.kna.de/dzNewsDaten/webnews/kwn09/urn_newsml_kna.de_20130101_240925-89-00006-1.html
https://www.evangelische-zeitung.de/expertin-der-wunsch-nach-heilsbringern-ist-ganz-normal