Wer spricht?
Ich spreche und schreibe als Ärztin und Psychoanalytikerin.
Als Ärztin bin ich jetzt 30 Jahre in der Behandlung von und in der Arbeit mit Patienten tätig.
Psychotherapeutisch arbeite ich jetzt seit 27 Jahren.
Verzeihen Sie mir also, dass ich hier die psychodynamische Perspektive vertrete. Ich kenne mich hier am besten aus.
Die psychoanalytische Art zu Denken hat mich sehr früh - gewissermaßen im Erstkontakt - sehr angesprochen und ich möchte sagen, ich habe darin mein therapeutisches Zuhause gefunden.
Wie das so ist, auch Zuhause kann es ordentlich rumpeln und man muss nicht mit allem, was dort geschieht einverstanden sein. Bin ich auch nicht, ganz und gar nicht.
Ich finde nicht, dass man »die Psychoanalyse« nur auf der Couch und nur drei, vier oder fünfstündig durchführen kann.
Meine Einstellung dazu ist, dass ich die psychoanalytische Art zu denken, die psychoanalytische Haltung internalisiert habe und sie daher überall mit hinnehmen kann. Sogar auf den Reitplatz.
Dort ist es oft staubig, sicher nicht steril, man ist nicht einmal besonders fein angezogen und eine Couch gibt es auch nicht. Wenn man so will, scheint alles ein bisschen formlos oder gar rahmenlos zu sein.
Das wäre es, wenn man Form und Rahmen nicht in sich trüge.
Und dazu gehört fundiertes Wissen.
Worüber spreche ich?
Ja, über das Thema Verramschung natürlich. (Es ist immer gut, man spricht auch über das, was man angekündigt hat) und eben über psychoanalytische, ich möchte fast eher sagen, psychodynamische Konzepte. Im Übrigen auch über Patienten und die - ja, soll ich sagen »Anwender«, Windscheid, Stahl und Co. Allerdings, so würde ich sagen, kann man hier durchaus den Eindruck gewinnen, dass deren Vorgehen - ob bewusst oder unbewusst - durchaus eine politische Komponente in sich trägt. Oder eben ein sehr spezielles Menschenbild, das ich - soviel sei vorweg genommen, nicht teile-
Verramschen, d. h. dass einer Sache, »Ware« ihr Wert entzogen wird, sie wird abgewertet. Man kennt das vom »Ramschtisch« bei Büchern. Das Herzblut, das der oder die Schaffenden darin investiert haben zählt nicht mehr, die Geschichte zählt nicht, man kann sagen, das Produkt, nun »Ware« verliert seine Würde und seine ursprüngliche Bedeutung.
Zur Verramschung gehört die Dekontextualisierung, man kennt auch das zu Genüge: Monets Seerosen als Mini-Ausschnitt auf der Teetasse. Man gibt sich kulturbeflissen, ohne es zu sein. Schick halt.
Ramschware soll möglichst wenig kosten. Für unseren therapeutischen Bereich heißt das z.B., man möchte nicht zu viel denken, lieber etwas von anderen, ich sage zunächst rücksichtsvoll, »übernehmen«. Vielleicht möchte man sich auch überhaupt nicht so viel Mühe machen, schon gar nicht mit der oft langwierigen Beziehungsarbeit in Therapien. Lieber erzeugt man die Größenphantasie, das ginge doch alles ein einer Stunde, oder mit ein paar Affirmationen. Das freut doch alle!
Ramschware soll anlocken! Steht man erstmal am Grabbeltisch, kauft man vielleicht noch mehr.
Und zur Verramschung intellektueller Ware gehört auch die Verflachung, die entstellende Simplifizierung. Aus allem resultiert eine massive intellektuelle Entwertung und wir wissen, Entwertungen führen zu Inflationen. In unserem Feld zu Begriffs- und »Diagnose-Inflationen«: toxische Beziehung, toxische Männlichkeit, narzisstische Partner, inneres Kind, ADHS, Autismus, Depression, Verdrängung, und bloß nicht zu vergessen Trauma und Trigger. Alles traumatsiert heute, auch der verpasste Buch und alles triggert oder das neueste »triggert an«, wie anbellen oder anrempeln. (Mich »triggert« inzwischen das Wort »Trigger«)
Warum spreche ich über dieses Thema?
Es gibt wohl kaum einen medizinischen Bereich, in dem sich so viele Semi-Professionelle und Unprofessionelle tummeln dürfen, wie im Bereich der Psychotherapie.
Und das halte ich für gefährlich. Schleichend verbreitet sich auf diese Weise eine Karikatur von Psychotherapie. Denn es lesen viele Menschen diese »Ratgeber«. Es verbreitet sich damit sowohl ein bestimmtes Menschenbild als auch eines von Psychotherapie. Aus meiner Sicht nähern wir uns wieder stärker dem Werkstattmodell an: Diagnosegerät -Diagnose -Ersatzteil - Funktion wieder hergestellt. Warum ein Symptom auftritt, was dieses vielleicht mitteilen möchte, seinem Träger und/oder den anderen gerät in den Hintergrund.
Es gibt nur Wenige (es kommt offenbar immer mal vor), die sich anmaßen würden, nach einem Literaturstudium oder einem Wochenendkurs, einen Blindarm zu operieren oder einen Herzkatheter legen zu wollen. In der Psychotherapie kommt das aber sehr häufig vor.
Es wird angeblich »therapiert« und es werden nach Herzenslust pseudowissenschaftliche »Konzepte« vertreten.
Natürlich sind diese »Anbieter« schlau und versuchen sich verbal an etwas anzulehnen, dass wissenschaftlich anerkannt ist, das sie aber für ihre Zwecke missbrauchen, ja, eben: verramschen.
Ein gutes Beispiel ist die Dunkelfeldmikroskopie. Ein wissenschaftlich anerkanntes mikroskopisches Verfahren, das in der Mikrobiologie verwendet wird. Aber wenn Sie den Begriff googeln, dann stoßen Sie auf reihenweise Anbieter der Dunkelfeldmikroskopie, die behaupten, in einem Tropfen Blut sehen zu können, ob Sie krank sind oder Krebs haben.
Eine gerne genutzte Strategie: Man behauptet, es sei etwas »nachgewiesen« worden; tatsächlich hat sich jemand etwas ausgedacht und es postuliert. Quellen: Fehlanzeige.
Die Verramschung von Studien und dem Studienbegriff
Ein weiteres As im Ärmel ist heutzutage der Begriff: Studie!
Inzwischen scheint es mir gar eine implizite Gleichsetzung von Wissenschaft und Studie zu geben:
Wenn man eine Studie präsentieren kann, dann muss das doch sicher wissenschaftlich sein, oder?
Diesen Umstand macht sich Leon Winscheid zunutze. Auch den, dass die meisten Menschen weder Studien lesen und es auch nicht ganz so leicht haben, sie zu verstehen. Und wer hat heute auch die Zeit dazu?
León Windscheid: »Wer wird Millionär?«-Gewinner, Psychologe und nun Inhaber einer großen Firma, der mit sog. Wissenschaftskommunikation auf Tour geht.
Dieses Wort allein ist speziell.
Windscheid präsentiert Studien, deren Ergebnisse er mitunter gerne als »krass« einstuft, weil es so krass ist, dass 25% der Frauen und 67% der Männer lieber zu einem Stromschockgerät greifen und sich, Zitat, »sst-ssst« selber schocken. Und das machen sie - so die Interpretation Windscheids, weil sie keine Langeweile ertragen wollen.
Voll krass.
Es sind 6 von 24 Frauen und 12 von 18 Männern, ach und übrigens nur Studierende, also eine sehr kleine und sehr spezielle Gruppe.
Auch die Interpretation, man wolle die Langweile nicht aushalten ist recht einseitig.
Und dann der Brustkrebs, ein Thema das fängt: »Bei Frauen mit Brustkrebs reduzierten achtsamkeitsbasierte Therapien die psychische Belastung drastisch«.
Das ist Wissenschaftskommunikation?
Das Anliegen ist ehern! Wissenschaft, also auch Studienergebnisse für viele Menschen verständlich zu machen. Nur, warum verfälscht man dann die Aussagen?
Schaut man in die Studie, eine Meta-Analyse, dann stößt man auf eine keine Zahl von Studien, eine kleine Zahl von Teilnehmern, Teilnehmer mit hohem Bildungsniveau, Krebserkrankungen im frühen Stadium mit - Gott sei Dank - besten Heilungsaussichten. Zu allem gäbe es viel, sehr viel zu sagen.
Und selbst am Ende der Studie kommen die Autoren selbst zu dem Schluss, dass die Ergebnisse nicht generalisiert werden könnten, was der Wissenschaftskommunikator Windscheid aber beherzt tut.
Beliebter denn je: Die Eltern sind schuld!
Inzwischen sieht man Windscheid bei Terra Xplore verschiedenste psychische Phänomene erklären. Zum Beispiel mit der Frage: »Haben deine Eltern dir geschadet?«
https://www.zdf.de/video/reportagen/xplore-familie-100/haben-deine-eltern-dir-geschadet-s08f02-100
Nun ist das schon eine sehr tendenziöse Frage. Man kann sich des Eindrucks nicht erwehren, dass herauskommen soll: »Oh ja; haben sie!«. Windscheid ist im Übrigen kein Psychotherapeut.
Er kommt in dem Beitrag zu der bahnbrechenden Erkenntnis, dass die Erlebnisse der Kindheit sich auf unser erwachsenes Leben auswirken und - ach ja - dass die Forschung belege, Reden helfe! Welche Forschung er wohl meint?
Für mich ist erstaunlich, wie konsequent man die Psychoanalyse hier nicht erwähnt.
Ansonsten sagt Windscheid in dem Beitrag, dass es »ihm als Psychologen« wichtig sei, begreiflich zu machen, dass, wenn auf den ersten Blick zwischen Eltern und Kindern alles super laufe, es da trotzdem Wunden geben könne. Ah ja! Er lässt uns zu Beginn dieser Sendung wissen, er und sein Bruder seien, »total behütet aufgewachsen« gewesen, sie hatten »die besten Eltern der Welt«. Okay. Vielleicht gibt es aber auch bei ihm »Wunden«? Und was heißt »Wunden«? Und er sagt außerdem: Solche Wunden können unbewusst sein! Wow, möchte man ausrufen; das ist doch ein weiterer Kern psychodynamischen Verständnisses.
Hier beginnt aus meiner Sicht die Verramschung, nämlich eine Ausdehnung von vermeintlichen Diagnosen. »Wunde« erinnert an Trauma und die Sendung stellt Traumata in den Vordergrund. Und so wird vermittelt: Du hast vielleicht ein Trauma und weißt es nicht. Es scheint derzeit eine regelrechte Trauma-Sehnsucht zu geben. Man fragt sich nur, wo bei allen den Traumatisierten die Traumatisierenden bleiben. Viele verstehen sich als Opfer, wenige als Täter.
Ich halte das Einführen dieser Unschärfe für sehr prekär. Ja, ein nicht seltenes Kennzeichen eines traumatisierten Menschen ist, dass er sich selber noch gar nicht als traumatisiert versteht, verstehen kann. Dies kann und darf aber nicht dazu führen, dass jedem Menschen ein Trauma unterstellt wird.
Wenn es nicht so traurig wäre, hätte es eine gewisse Komik: Es ist einer der Hauptvorwürfe an die Psychoanalyse, sie würde am Ende immer die Eltern verantwortlich machen, von »mother-bashing« ist bisweilen die Rede, man würde alles Übel in der Kindheit suchen und es ginge nur darum, ob man als Kind »zu heiß gebadet worden sei« usw. Ja, mit diesen Vorwürfen musste und muss sich die Psychoanalyse weiter auseinandersetzen, aber diese Vorwürfe lassen außer Acht, dass die Psychotherapie sich darum bemüht, das verantwortungsvolle Subjekt wiederzufinden, dem Patienten zu Übernahme der eigenen Verantwortung zu verhelfen; die Psychoanalyse, die Psychotherapie, so wie ich sie verstehe, ist ein Aufklärungsprojekt. Und ein großes Verdienst dieser Wissenschaft war es doch gerade, auf die Historizität des Menschen und seine - eben oft unbewusste Bedeutungsgebung des Erlebten - ein Augenmerk zu legen. Das ist etwas sehr anderes als sog. »Glaubenssätze«.
Sich zu verstehen, das hießt auch sich und seine Beziehungsgeschichten - jedenfalls zu einem großen Teil- zu verstehen. Es heißt auch, einzusehen, dass immer etwas unverstanden bleiben wird. Das ist das Dialektische an der Psychoanalyse und u. a. das, was mir so gut gefällt.
Und nun kommen also die neuen selbsternannten Welterklärer und stellen fest:
Dein jetziges Leben hat etwas mit deinem früheren zu tun.
Dies ist aber eigentlich eine der Fundamentalerkenntnisse Freuds, auch wenn man wahrlich nicht mit allem einverstanden sein, muss, was er so gesagt hat.
Nun wird aber genau das, woran in Psychotherapien schon lange gearbeitet wird, die Frage, wie haben sich Beziehungen zu meinen nächsten Bezugspersonen auf mich ausgewirkt, als eine völlig neue Frage ausgegeben, ohne sich um psychodynamische Erkenntnisse zu kümmern.
Denn die Psychoanalyse fragt nicht nur: Was ist dir passiert? Sie fragt auch danach: »Und was hast du damit gemacht? Wie bist du damit umgegangen?« Denn wir sind nicht bloße Materie, in die etwas eingeprägt wird. Wir können selbst in asymmetrischen Beziehungen auch Handelnde sein, die Gedanken sind frei, nur, wir wissen oft gar nicht mehr, was wir mal gedacht (und gefühlt) haben.
Stattdessen fällt in diesem Trivialkontext immer wieder das Wort »Prägung«. Auch Windscheid spricht in dem Beitrag davon, dass wir besonders von unseren Eltern »geprägt« werden.
Auch bei Stefanie Stahl, wie wir gleich noch sehen werden, wird »geprägt«und »eingespurt«.
Aber was ist mit Prägung gemeint?
Prägungen sind eine irreversible Form des Lernens, die in einer sensiblen Phase stattfinden.
Für Stahl ist z. B. alles, was in den ersten zwei Jahren passiert irreversibel. Das hieße, sie würde an dem biologischen Konzept der Prägung festhalten.
Man kann nun fragen: Ist das nicht eine akademische Frage?
Sie meint halt: formen, Einfluss ausüben.
Ich halte diese Frage nicht nur für akademisch, sondern es steckt ein ganzes Menschenbild dahinter.
Eine Prägung ist ein sehr einseitiger Vorgang. Es kommt etwas Starkes, das in einem anderen Objekt Eindrücke hinterlässt, so, als würde man eine Münze prägen. Aber selbst die kindliche menschliche Psyche ist keine Metallplatte, sondern sie re-agiert; sie antwortet, sie formt mit, mit ihren kleinen, oft auch unzulänglichen Mitteln. Die Eltern-Kind-Beziehung ist eben nicht so einseitig, wie sie hier - man möchte fast sagen - wieder suggeriert wird. Sie ist asymmetrisch, weil einer der beiden Interaktionspartner deutlich mehr Möglichkeiten hat. Gerade die psychoanalytische Entwicklungspsychologie hat uns viel gelehrt, über den frühen Tanz, die frühen nonverbalen Interaktionen zwischen Eltern und Kind. Würde einfach »geprägt«, wie bei einer Münze oder der Graugans Martina, müssten dann nicht alle Kinder eines Elternpaares sehr, sehr ähnlich sein?
Zudem handelt es sich nicht um eine Einbahnstraße: Auch auch das Kind formt seine Eltern!
Auch ein oft weinendes und nicht zu beruhigendes Kind »prägt« sich in die Psyche der Eltern ein.
Oder sind doch die Gene schuld?
Gerne ist auch Vieles genetisch, komme, was da wolle. Schlechte Laune, schlechtes Benehmen, Depressionen, ADHS. Dabei gibt es bisher, soweit ich informiert bin, noch keinen einzigen anerkannten Nachweis für einen monokausalen genetischen Grund einer psychischen Erkrankung.
Winscheid verfolgt nun - wieder bei Terra Xplore die These, dass doch die transgenerationale Weitergabe von Traumata auch genetisch sein könnte.
https://www.zdf.de/video/reportagen/xplore-familie-100/ein-trauma-erben--geht-das-100
Auch diese Feld ist insbesondere sehr intensiv von Psychoanalytikern beackert worden.
Ich konnte in diesem Beitrag nicht erkennen, dass man deren Erkenntnisse erwähnt oder erklärt hätte. Stattdessen geht es um Epigenetik und man versucht - für mein Empfinden krampfhaft -zu erklären, dass Traumata möglicherweise über die DNA, also über unsere Gene »vererbt« werden.
Ich erlebe auch diese Bewegung als einen enormen Rückschritt, hin zu einem sehr einseitigen biologisch-naturwissenschaftlichen Modell.
Aber, so frage ich mich, wozu kann das gut sein? Abgesehen davon, dass die epigentische Weitergabe von Traumata noch gar nicht erwiesen ist, die psychosoziale Weitergabe aber schon.
Uns Menschen wieder aus der Verantwortung zu nehmen? Das mag verlockend klingen, führt aber letztlich doch hauptsächlich in Ohnmacht und gefühlte Abhängigkeit.
Sollte am Ende alles eine Frage der Epigenetik sein, des »An- und Abschaltens« von Genen, dann bräuchte man sich die zugrundeliegenden Interaktionen nicht mehr anzusehen?
Psychoanalytische Betrachtungsweisen zeigen sehr unterschiedliche Wege auf, wie die Folgen von Traumatisierungen weitergegeben werden können. Hier sei nur das Buch von Bergmann, Jucovy und Kestenberg (Kinder der Opfer, Kinder der Täter 1995) erwähnt.
Schon allein sprechen sie nicht einfach von der Weitergabe der Traumata, sondern derWeitergabe der Folgen des erlittenen Traumas (ebd., S. 50). Ein Mensch, der ein Trauma erlitten hat, verhält sich in bestimmter Weise gegenüber anderen Menschen und seinen Kindern. Dieses Verhalten kann ganz unterschiedlich sein:
So schreiben Bergmann und Jucovy: »Einige Holocaust-Überlebende geben die Folgen des erlittenen Traumas weiter, indem sie ein Leben im Schatten der Verfolgung führen. Andere vergleichen ihre Söhne und Töchter mit Kindern, die sie im Holocaust verloren haben, und zwingen die »Wiedergeborenen« auf diese Weise zwei Leben zu leben (…). Eine weitere Gruppe setzt das Kind unbewusst mit dem Verfolger gleich, und wieder eine andere weist den Kindern aufgrund der Enttäuschung über die Unfähigkeit der eigenen Eltern, sie vor Verfolgung zu bewahren, Elternfunktionen zu« (ebd.).
Das ist komplexer als eine DNA-Methylierung.
Bezeichnenderweise sagt die Auschwitzüberlebende Eva Szepesi am Ende des Beitrags von Windscheid auf die Frage, was sie Menschen, die etwa so Schreckliches erlebt hätten, denn tun sollten: »Man soll sprechen«
Im Übrigen hat Windscheid für die Charakterisierung dessen, was er von dieser Familie gehört hat Folgendes parat: »eine ganz krasse Geschichte«
Und auch beim Thema »transgenerationale Weitergabe von Traumata« legt Windscheid wieder eine Spur aus: Solche Traumata kommen doch sicher viel häufiger vor als man denkt. Also vielleicht auch bei Ihnen?
Was der Enkel in der Sendung beschriebt, ein Unwohlsein bei Bahngleisen oder bei Disko-Stempeln ist aus meiner Sicht kein Trauma! Es ist ein Unwohlsein, dass ich - angesichts der Geschichte seiner Großmutter - nicht nur nachvollziehen kann, sondern nachgerade für gesund halte. Auch das gehört für mich zur Verramschung der psychotherapeutischen Begriffe: Die Stigmatisierung »negativer«, d. h. schmerzhafter Gefühle als etwas Pathologisches. Als müsse man darauf achten, dass »so etwas«, so etwas Schmerzhaftes und Negatives nicht passiert. Das geht aber nicht. Und als sei das Erben von schmerzhaften Gefühlen per se schon traumatisch oder bereits die Folge eines Traumas.
Aus meiner Sicht ein Ergebnis der Verramschung wissenschaftlicher Theorien. Es kommt dann eben bei allem nicht so darauf an.
Plagiate und Evolutionäre Psychologie - Stefanie Stahl
Und dann haben wir »Deutschlands Psychologin Nr. 1« oder die »Grande Dame« der Psychologie wie ich gar einmal las.
Die mediale Autorität für psychotherapeutische Themen schlechthin. Stefanie Stahl. Psychologin, ja, Psychotherapeutin, aber offenbar ohne eine Ausbildung in einem Richtlinienverfahren. Dennoch »Deutschlands Psychologin Nr.1«?
Bestsellerautorin, die mit Ihrem Buch »Das Kind in dir muss Heimat finden« einen Riesenhit gelandet hat.
Damit hätte sie zufrieden sein können.
Stattdessen wollte sie offenbar eine neue Stufe erreichen; so behauptet sie dann mal von Ihrem neuesten Buch »Wer wir sind«, es zeige den Bauplan der Psyche, jedes Detail sei wissenschaftlich fundiert.
Hier möchte Stahl offenbar als Wissenschaftlerin oder als wissenschaftlich Arbeitende wahr- und ernst genommen werden.
Das habe ich getan, sie ernst nehmen, indem ich mich mit ihren Aussagen beschäftigt habe.
Dabei bin ich zunächst darauf gestoßen, dass sie in nicht unerheblichem Ausmaß abgeschrieben hat, d.h. sie hat zahlreiche Literaturstellen unzitiert als ihr eigenen ausgegeben. (Deren unwissenschaftlichen Gehalt dann bisweilen auch). Das ist nun eine besonders günstige Form sich die Arbeit anderer zu eigen zu machen.
Sie streitet das gar nicht ab, ihre Argumente lauten, sie mache das, um »lesbar« zu schreiben oder - in einem neueren Podcast - versteigt sie sich gar zu der Behauptung, man müsse in Sachbüchern nicht regelkonform zitieren. Und weil man das nicht müsse, deswegen sei »auch nichts draus geworden«…»Nichts draus geworden…«; nun sie war offenbar ganz schön in Unruhe geraten. Aber »nichts draus geworden« heißt, dass es ihrem Verlag und den Medien schlicht egal ist. Macht nix; verkauft sich alles gut!
Und was verkauft sich da?
Eine Aneinanderreihung unwissenschaftlicher Behauptungen. Denn Stahl macht es sich einfach! Bei ihr stammt Vieles schlicht »aus der Psychologie« und sie behauptet einfach vor sich hin. Geht auch, denn sie muss ja nichts belegen.
So behauptet sie, »8 Milliarden Menschen ticken gleich«. Individuelle Unterschiede sind für sie »lediglich Variationen eines Plans« oder dann kommt: »Eine Antwort des heutigen Forschungsstandes lautet: Der evolutionäre Sinn des Lebens ist, dass wir unsere Gene verbreiten […]. Es geht allein um die Weitergabe der Gene«. Der Forschungsstand, auf den Stahl sich hier bezieht, bleibt - wie meistens - im Dunklen. Kritisch finde ich allerdings die bei Stahl immer wieder auftauchende Nähe zur Evolutionären Psychologie, was den allermeisten nicht bewusst sein dürfte.
Das Volk der »inneren Kinder«
Und dann ist da natürlich das allgegenwärtige »innere Kind«, das Stahl zu einem Besteller verholfen hat. Manchmal hat man fast das Gefühl einer »Inneren-Kind-Pandemie«.
Bei Stahl ist das »innere Kind« wieder eine Prägung:
»Wenn wir von diesen Kindheitsprägungen sprechen, die, neben unseren Erbanlagen, sehr stark unser Wesen und unser Selbstwertgefühl bestimmen, dann sprechen wir von einem Persönlichkeitsanteil, der in der Psychologie als »das innere Kind« bezeichnet wird. Das innere Kind ist sozusagen die Summe unserer kindlichen Prägungen - guter wie schlechter, die wir durch unsere Eltern und andere wichtige Bezugspersonen erfahren haben« (…) Das innere Kind ist ein wesentlicher Teil unseres Unbewussten« (Stahl 2022, S. 368)
Der Begriff des inneren Kindes wurde im Übrigen von John Bradshaw geprägt, einem Theologen, Philosophen, ehemaligem Priester und Psychologen, der offenbar eine sehr belastende Kindheit hatte. Sein Buch heißt: Homecoming. Reclaiming und Championing your Inner Child. Die Ähnlichkeit in den Titeln kann natürlich rein zufällig sein.
Allerdings: Die Tatsache, dass kindliche Erlebnisse einen enormen Einfluss auf das Erwachsenenleben haben, ist ein herausragendes Konzept der Psychoanalyse. Vermutlich war tatsächliche Freud der erste, der sich so intensiv mit dem Einfluss kindlichen Erlebens auf unser spätere Leben befasst hat. Ihm sollten viele Psychoanalytikerinnen und Psychoanalytiker folgen: Ferenczi, Anna Freud, Melanie Klein, Winnicott und insbesondere auch von der gebürtigen Neuseeländerin und Psychoanalytikerin Joyce McDougall, z. B. in ihrem Buch: »Theater der Seele«.
Dort schreibt sie: »Von klein auf müssen wir Kompromisse schließen mit zwei fundamentalen Aspekten der Außenwelt: mit dem Verbotenen und dem Unmöglichen« (McDougall 1994., S. 6)
»Mit verbotenen und unmöglichen Wünschen fertig zu werden, erfordert in jedem Fall eine Trauer, die allerdings eine Entschädigung für all das mit sich bringt, was aufgegeben wurde. Der Verzicht auf das unmögliche Verlangen nach Verschmelzung und allmächtiger Kontrolle über andere führt zum kostbaren Gefühl individueller Identität« (ebd., S. 11)
Schon in diesen wenigen Sätzen verbirgt sich ein deutlich komplexeres Konzept als bei Stahl. Das Konfikthafte, so kann man hier verstehen, ist dem menschlichen Leben inhärent; da können die Eltern noch so toll sein. Das Verbotene und das Unmögliche fordert uns immer heraus und manchmal überfordert es uns auch.
Bei Stahl ist das deutlich einfacher. Hören wir mal in einen Bericht von Rebecca Wyss, die bei einer Show dabei war: »Stahl wendet sich an das Publikum: „Ihr öffnet nun alle eure Herzen und hört zu.“ Dann legt sie ihre Hand auf die Schultern der Frau, sagt: „Oh je, mein armes Mäuschen. Mama war immer gestresst. War so unnahbar. Und du hast dich immer abgelehnt gefühlt“. Die Frau blickt zu Boden, schweigt. Stahl streichelt über ihre Schulter, fährt fort: "Da war sehr wenig Liebe. Das war nicht deine Schuld!“«
Ohne Zweifel hat Stahl es hier mit einem ihrer »Schattenkinder« zu tun.
Stahls Version des Schattenkindes ist wiederum ein Beispiel für den methodischen Eklektizismus. Sie mischt hier verschiedenste psychoanalytische Konzepte, zum Beispiel über das Trauma oder das Introjekt mit evolutionsbiologischen Annahmen zu einem verkürzten und verfälschten Mix.
In ihrem »Schattenkind-Konzept« verarbeitet Stahl Elemente aus den psychodynamischen Theorien, insbesondere den Traumatheorien, wobei »verarbeiten« ein nicht ganz passender Ausdruck ist. Verramschen trifft es besser. Sie löste einzelne Begriffe oder nur die Bedeutungswolke dieser Begriffe aus ihren Kontexten und mischt sie zusammen. Ich werde das gleich einmal exemplarisch analysieren.
Bei ihr klingt dass in einem Interview so:
Stahl wird mit der Kritik konfrontiert, sie vereinfache zu sehr.
Ihre Antwort: »Ich habe in meinen Büchern innovative Ansätze geschaffen.[…] Vereinfachung würde bedeuten: Es gibt etwas Komplexes und ich reduziere es«. (Böhme-Zeitung, 10. Mai 2025, S. V)
Ja, das würde es bedeuten und so ist es auch!
»Aber«, so Stahl weiter, es gab verschiedene komplexe Systeme, ich habe etwas Neues daraus gemacht«. (ebd.)
Man kann dies immer hin als eine Zustimmung aus Versehen lesen.
Denn das Schattenkind sog. Schattenkind ist zwar nichts Neues (und der Begriff stammt auch nicht von Stahl, sondern offenbar von ihrer Freundin Julia Tomuschat), aber in der Tat ein Mix aus komplexen Systemen. Bei Stahl führt dieser Eklektizismus häufig dazu, dass z. B. nicht mehr zwischen »schlechten« und traumatischen Erfahrungen unterschieden wird, so dass am Ende das »Schattenkind« zu einem »Traumakind« wird, mit dem sich offenbar sehr viele Menschen identifizieren. Umso erstaunlicher, das Stahl behauptet, es reiche für die Therapie solcher Belastungen eine Stunde, in der man den Patienten dann einen »roten Faden« vermittelt, mit dem er/sie dann allein weiter arbeiten kann. Dann darf so eine Stunde natürlich auch ein bisschen was kosten.
Genau genommen ist er eigentlich nicht verständlich ohne die psychodynamischen Begriffe des Unbewussten, der Regression, der Introjektion, der Identifikation, der Identifikation mit dem Aggressor, der Übertragung, der inneren Repräsentanz und damit der Objektbeziehungstheorien.
Stahl nutzt diese Begriffe zum Teil und zum Teil dann auch schlicht falsch.
- das »Unterbewusste«
- Übertragung
- Prägung
- Introjektion
- Projektion
Aber Stahl scheut sich schlicht nicht vor hanebüchenen unbelegten Behauptungen.
Es sei »wissenschaftlich erwiesen«, dass das »Unterbewusstsein« eine sehr machtvolle psychische Instanz ist, die zu 80 bis 90 Prozent unser Erleben und Handeln steuere (Stahl 2022, S. 368). Den Beleg bleibt sie schuldig, vermutlich auch, weil es ihn nicht gibt.
Introjektion und Projektion - Dem Nichtverstehen bei der Arbeit zusehen
»Majas negatives Selbstbild, das sie unwissentlich und - von ihren Eltern unbeabsichtigt - übernommen hat, ist ihre Introjektion, ihr Schattenkind. Solange sie dies nicht reflektiert und für sich auflöst, wird sie sich mit diesem negativen Programm identifizieren, was bedeutet, dass sie von ihrer gefühlten Minderwertigkeit überzeugt ist und daran glaubt. […] Weil sie sich als minderwertig empfindet, projiziert sie in andere Menschen häufig eine gewisse Überlegenheit. Die meisten anderen Menschen sind in ihrer Wahrnehmung, in ihren »Schattenkind-Augen«, potentielle Angreifer und keine ihr wohlgesonnenen Mitmenschen.
Der Begriff der Projektion bedeutet, dass man Inhalte, die eigentlich zu einem selbst gehören, auf andere Menschen überträgt und diese hierdurch verzerrt wahrnimmt. Maja projiziert also durch ihre Schattenkind-Augen […] eine gewisse Überlegenheit und somit potentielle Bedrohlichkeit auf andere Menschen« (Stahl 2022, S. 45) .
Und das stimmt eben nur zum Teil bzw. wird nicht verstanden.
Denn wenn Maja »in andere Überlegenheit projiziert«, wie Stahl schreibt, dann weil Maja ihre eigenen Überlegenheitsgefühle unbewusst und intolerabel sind und sie sie anderen zuschreibt und sich dann entsprechend minderwertig fühlen kann!
Die für mich beste Erklärung eines Introjektes stammt vom Psychoanalytiker Heinz Müller-Pozzi: Bei einem Introjekt können wir auf der affektiven Ebene nicht zwischen der Vorstellung, also einem Bild vom Objekt und dem realen Objekt unterscheiden. Oder anders formuliert: Wir können nicht zwischen einem Objekt und einer Objektrepräsentanz unterscheiden. Da Stahl über diese Begrifflichkeit nicht verfügt, wird bei Stahl das Introjekt, ebenso wie das Schattenkind eben zu einem konkreten Objekt und verliert seinen Symbolcharakter. Damit passiert eigentlich genau das, worunter die Patienten leiden: der Verlust der Symbolisierungsfähigkeit.
Vor allem das Denken mit dem Begriff der Repräsentanz scheint Stahl schwerzufallen oder anzulehnen. Auf diese Weise werden ihre Modelle extrem konkretistisch und verführen dazu, das eigenen Denken, die eigene Vorstellung mit der Realität gleichzusetzen. Das ist nun exakt das, was man in der MBT als »Äquivalenzmodus« bezeichnet, ein von Fonagy und Target entwickelter Begriff. Dieser Modus ist als »normal« anzusehen, wenn Sie nicht älter sind als 20 Monate oder eventuell einer eher archaischen Kultur angehören. Die von Wyss beschriebene Szene bei einer Stahl-Veranstaltung dient also genau genommen dazu, den Äquivalenzmodus zu bestätigen. Das tut der Betroffenen vermeintlich gut, fühlt sie sich doch in ihrer Realität anerkannt.
Ich vermute, dass dieser Mechanismus vielen »Ratgeber-Erfolgen« zugrunde liegt.
Könnte einem das nun nicht alles egal sein? Könnte man nicht einfach sagen: Was soll’s? Populärwissenschaftliches Zeug, mit dem wir uns nicht beschäftigen müssen. Und warum soll uns das stören, wenn es doch den Menschen hilft?
Schlussfolgerungen
Tatsächlich glaube ich, dass wir professionellen Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten das schon zu lange ignorieren.
Kürzlich sprach der Politikwissenschaftler und Publizist Andreas Püttmann in einem Interview von der »Revolution der Kommunikation im Netz und speziell in den sozialen Medien«. Dadurch schwinde der Einfluss der gesellschaftlichen Eliten - Politiker, Wissenschaftler, professionelle Journalisten - auf den öffentlichen Diskurs. »Die radikale Basisdemokratisierung der Meinungsbildung bedeutet, dass unangemessen selbstbewusste Halbgebildete nun Ungebildete agitieren können.« (Püttmann, Interview mit t-online am 18.05.2025)
Püttmann nennt das eine »veritable Kulturkrise«.
Eine solche hat vermutlich auch Walter Benjamin empfunden, als er seine Arbeit: »Das Kunstwerk im Zeitalter seiner technischen Reproduzierbarkeit« verfasste. Aus seiner Sicht führte die Fähigkeit zur Reproduktion von Kunstwerken zunächst einmal dazu, dass das Reproduzierte aus dem Bereich seiner Tradition, seiner Geschichte gerissen wird. Es verliert, so Benjamins bekannte Diagnose, seine Aura. Benjamins berühmte Definition der Aura lautet: »Ein sonderbares Gespinst aus Raum und Zeit: einmalige Erscheinung einer Ferne, so nah sie sein mag«.
Nun sind wissenschaftliche Theorien keine Kunstwerke, aber sie aus ihren Zusammenhängen zu reißen, heißt doch vielleicht auch hier, sie ihrer Aura und damit eines Teils ihrer Magie zu berauben. Die Aura, um die es mir als Psychoanalytikerin, als Psychotherapeutin und als Ärztin geht ist die der menschlichen Beziehung. Der Andere als einmalige Erscheinung einer Ferne, so nah er auch sein mag.
Aus meiner Sicht ist es durchaus eine Besonderheit der Psychoanalyse die menschlichen Beziehungen, nicht nur jene der Vergangenheit und Gegenwart, sondern die Live-Beziehung, die gerade stattfindende in das Zentrum des Wahrnehmens und Verstehen-Wollens zu stellen. Diese Beziehung ist immer einzigartig. Sie wiederholt sich in dieser Form niemals. Sie ist auch nicht reproduzierbar. Denn diese ist ja oft Teil der Neurose, das vergebliche Suchen nach der Reproduktion dessen was war oder - noch verzweifelter - dessen, was nie wirklich war, sondern vielleicht nur in der Phantasie existierte. Das ist der Kern unerfüllter Beziehungswünsche, die uns durchs Leben treiben.
Das gesamte Ratgebergeschwader möchte die Illusion aufrecht erhalten zu helfen, dass wir uns letzlich selbst befriedigen könnten (Affirmationen etc.) oder mindestens den anderen dazu zu bringen, das zu tun, was wir brauchen oder vermeintlich brauchen. Die Wahrheit ist aber: das ist unmöglich. Als soziale Wesen brauchen wir am Ende doch immer den anderen und wenn er uns gibt, was wir wirklich brauchen ist es immer ein Geschenk. Denn der andere muss erkennen, was wir wirklich brauchen und - oft dramatisch - kann es sein, dass es etwas anderes ist, als wir glauben. Wir glauben, den Alkohol zu brauchen, aber soll der andere ihn uns geben? Gut, das ist es vielleicht noch einfach. Aber wenn wir glauben, eine Tablette zu brauchen, was muss der andere leisten, um herauszufinden, ob wir sie wirklich brauchen oder eigentlich etwas anderes? Er kann es nur herausfinden, wenn er uns wirklich kennen lernt, in einer Weise, in der er sich einschließt und zugleich von sich absehen kann.
Bisher glaube ich nicht, dass die KI diese Leistung vollbringen kann.
Aber wenn wir den professionellen Diskurs den Un- und Semiprofessionellen überlassen, dann lassen wir zu, dass die Suchenden und Verzweifelten mit eine Art Psycho-Glutamat gefüttert werden, stark schmeckend, verführerisch und letztlich nicht sättigend und abhängig machend.
Und wir lassen zu, dass sich schleichend wieder ein Menschenbild ausbreitet, nachdem der Mensch ähnlich behandelt werden kann, wie ein Auto in einer Werkstatt. Was defekt ist, wird ausgetauscht. Dann geht es weiter. Im Zweifel gar bis zu der Illusion, man demethyliert einfach ein Gen oder »verlötet« etwas im Gehirn.
Für mich wäre das die Aufgabe des Humanistischen.